BTL - Gideon 1

Ich rauchte genüsslich meine letzte Zigarre. Das Büro war verqualmt, wie an jedem Freitagabend, kurz vor Schluss. Die letzten Strahlen des Sonnenlichts glänzten durch die halb geöffneten Fensterläden, betatschten meine Haut, als könnten sie fühlen, was du denkst.

Ich ließ ein wenig Glut in den Ascher fallen, griff schon zur Kaffeetasse, um einen letzten Schluck zu nehmen, bevor ich mit Hut und Mantel nach hause fahren würde.
Morton platzte herein, versaute mir den Feierabend.
"Gideon! Ein Brief aus Rom!"
Er war außer Atem.
"Was ist los? Wieder ein Mädchen besessen?"
Morton wischte sich den Schweiß von der Stirn, setzte sich auf den klapprigen Lehnstuhl vor meinem Schreibtisch, und langte mir den verschmierten Brief zu.
Da spürte ich es. Das dicke, rissige, aber dennoch fast frische Siegel aus rotem Wachs. Es war nicht das Siegel von Kardinal Marchetto, dieses übergewichtigen Dampfpredigers.
Eine gekrönte Taube und ein Kruzifix. Es war das oberste Siegel des Papstes.
Mein Hirn begann zu rattern.
"Morton, weißt du was das ist?"
"Ein Dekret des Papstes? Ein Auftrag von oben?"
Er blickte etwas skeptisch drein, fast so, als würde er meine Frage recht lächerlich finden.
"Nein. Das ist ein Auftrag von ganz oben. Dieses Siegel benutzt Benedetto nur, wenn er im direkten Auftrag Gottes handelt."
Morton wurde bleich. "Wwas sch-sch-schreibt er? Wwas v-verlangt er von dir?"
Ohne das übliche Drängen meines treuesten Sekretärs und Priesters zu beachten vergrub ich mich in den Brief.
Es war eindringlich geschrieben, beinahe persönlich. Keine dritte Person, sondern nur das gewöhnliche "Du und Ich". Mir war klar dass es ernst war.
"Ich soll einen Dämon jagen."
Morton kippte vom Stuhl.
"EINEN DÄMON?"
"Ja."
Langsam zog sich mein Partner am Schreibtisch hoch, brachte meinen inzwischen erkalteten Kaffee zu Fall und fragte mit bebender Stimme: "Welcher Art? Ein Beelzebub? Ein apokalyptischer Hornträger?"
"Schlimmer. Ein Limbusdämon."
Morton wurde bleich.
"Wurde er schon gesichtet?"
"Ja. Hier in dieser Stadt. Nur 3 Blocks weiter. Ich muss ihn stoppen."
Ich griff zu Mantel und Hut, drückte meine Zigarre auf dem nassen Briefpapier aus, und ließ Morton alleine. Ich musste sofort anfangen zu suchen. Keine Kompromisse.